Zuwendung, unter anderem in Form von Anerkennung und Kontakt, ist eines der elementarsten Bedürfnisse der Menschen. Wird dieses Bedürfniss nicht wenigstens im Ansatz erfüllt, geht der Mensch zugrunde. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist zum Beispiel das systematische Isolieren eines Menschen als Foltermethode eingestuft.
In unserer zunehmend individualisierten und ich-bezogenen Gesellschaft wird das Bedürfnis nach Zuwendung bis in die Familien hinein immer weniger erfüllt. Immer mehr Menschen versuchen daher in ihrer verzweifelten Suche nach Zuwendung, die Erfüllung dieses Bedürfnisses zu erzwingen.
Zu erzwingen, indem sie persönliche Dramen ausleben, Kleinigkeiten zu emotionalen Katastrophen hochspielen und/oder sogar sich einbilden, Krankheiten und Gebrechen zu haben, alles das nur, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn sie dann die erwünschte Aufmerksamkeit erregt haben, bekommen sie allerdings von den anderen Menschen in der Regel allenfalls Mitleid. Ein sehr zweifelhafter und auf Dauer kaum befriedegender Ersatz für das, was sie sich eigentlich ersehnt haben, aber meist nicht erhalten: nämlich ehrliches Interesse und Zuwendung von anderen.
Interesse und Zuwendung kann man - wie Liebe - nicht erzwingen, schon gar nicht durch - für die anderen meist lästigen - Aufmerkskeitserreger. Werden diese zu häufig angewandt oder werden sie von den anderen als solche durchschaut, kann aus Mitleid meist nervige Ablehnung werden, wenn nicht sogar Lächerlichkeit und Verachtung.
Zuwendung kann man sich allenfals erdienen und hoffen, dass die Sehnsucht nach Erfüllung dieses Bedrüfnisse durch die anderen freiwillig erfolgt. Erdienen, indem man konsequent versucht, ein Netz sozialer Kontakte aufzubauen, andere kennen zu lernen und/oder sich Gruppen sympathischer Mitmenschen anzuschließen - ohne dabei die Angehörigen dieses Netzewerks bzw. dieser Gruppen zur Erfüllung der eigenen Bedürfnisse zu vereinnahmen. Funktionierende soziale Netzwerke und Gruppenangehörigkeiten sind keine Einbahnstraße, sondern sind Beziehungen auf Gegenseitigkeit. Die Angehörigen versuchen freiwillig, die Bedürfnisse der anderen zu respektieren und wenn erforderlich, die anderen bei ihrer Bedürfniserfüllung zu unterstützen. In Sachen Zuwendung heißt dies, dass jeder erst einmal versuchen muss, den anderen in seinem Netzwerk oder in seiner Gruppe Zuwendung und Interesse zu geben bevor er erwarten kann, selbst Zuwendung und Interesse zu erhalten. Wer jedoch sich bemüht, sozusagen "in Vorleistung zu gehen", der wird schnell erfahren, dass auch ihm Zuwendung und Interesse entgegen gebracht wird: von einem mehr, vom anderen weniger.
Neben dieser "Vorleistung" ist es unabdingbar erforderlich, sich den meist ungeschriebenen Regeln und Normen der anderen, der jeweiligen Gruppe oder des Netzwerkes anzuschließen und diese zu respektieren. Dies heißt nicht, das man - zusammen mit anderen - nicht dieses Regeln verändern kann, aber eben nur zusammen mit den anderen. Wer meint, dass er nur kommen darf und alles geht nach seinem Kommando oder tanzt nach seiner Pfeife, wird kaum auf die ersehnte Zuwendung hoffen dürfen.
Anderen Zuwendung entgegen bringen, heißt aber auch, sich zu bemühen, die anderen und ihre Gefühle, Wünsche, Sehnsüchte und Werte verstehen zu wollen. Verstehen bedeutet dabei nicht, alles gut zu heißen, sondern einfach die Bemühung, das was andere bewegt, nachvollziehen zu können. Viel hilft dabei, zu versuchen, sich in die Situation des anderen hineinzuversetzen und an sich selbst zu beobachten, was man selbst empfinden und wie man selbst reagieren würde.
Untrennbar verbunden mit echter Zuwendung ist schließlich Wertschätzung für die anderen. Wertschätzung bedeutet, dass einem die anderen wichtig und teuer sind und dass man Zeit für sie hat - und vor allem - dass man sie nicht für eigene Zwecke und Bedürfnisse ausnutzt.
Wer aufhört zu meinen, man sei der Nabel der Welt, wer aufhört zu meinen, alles und alle seien nur für einen selbst da - wer vielmehr sich um andere bemüht, auf sie freundlich zu geht und ihnen Nähe anbietet ohne diese Nähe aufzudrängen - der wird finden, was er so dringend sucht:
Zuwendung - und mit viel Glück sogar - Liebe
Ihr DRK-Ortsverein Sindelfingen e.V.